Mehr als nur ein Facelift?
Fahrbericht Ferrari F8 Tributo: Mühelos ans Limit
Ganz ohne pubertäres Flügelwerk bringt der F8 Tributo erstaunliche Werte auf den Asphalt. Perfektion in allen Belangen?
458, 488 und jetzt also F8 Tributo. Im Grunde ist der neue Mittelmotor-Sportler aus Maranello ein alter Bekannter. Doch hat Ferrari auch bei der zweiten Modellpflege des Tieffliegers kräftig Hand angelegt. Am Steuer jedenfalls, fühlt man sich nach ein paar Kilometern wie neu geboren.
Nagelneu oder in Würde gealtert: Kaum steht man vor einem Ferrari, spürt man die immer gleichen Reflexe: Das Trommelfell kribbelt, die Magendecke vibriert und der rechte Fuß beginnt ganz leicht zu zittern. Schlüssel her, einsteigen und den Motor anlassen – alles andere ist bei diesem Anblick nebensächlich. Selbst der Preis von 228.661 Euro verschwindet in einer gedanklichen Fußnote, genau wie die Tatsache, dass dieser F8 Tributo eigentlich ein alter Bekannter ist. Denn auch wenn sie in Maranello mal wieder ein wenig am Design retuschiert und den Innenraum weiter aufgemöbelt haben, sieht man dem Coupé den 488 genauso an wie den 458, mit dem diese Trilogie vor mittlerweile mehr als zehn Jahren begonnen hat.
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Innere Werte? Beeindruckend
Doch die neuerlichen Reize sendet der rote Renner trotzdem zu Recht. Denn dort, wo es wirklich drauf ankommt, haben die Italiener sehr wohl eine Neuheit zu bieten: Der hübsch unter einer Kunststoffscheibe im Heck drapierte Achtzylinder holt aus seinen 3,9 Litern Hubraum in der jüngsten Ausbaustufe nun irrwitzige 529 kW/720 PS und macht den roten Renner schärfer denn je. Zumal er gegenüber dem 488 GTB auch noch 40 Kilo abgespeckt hat. Arrabiata, statt einfach nur Aglio Olio, so zusagen. Und wer danach was feines Mildes braucht, der sei zum Trost auf etwas mehr Fahrkomfort verwiesen, auf ein neues Lenkrad mit ergonomischeren Schaltern und ein Display vor dem Beifahrer. Als hätte der Muße, sich während dieses heißen Ritts durch einen Touchscreen zu fingern.
Schon beim ersten Gasstoß lässt die Fanfare aus den beiden Endrohren den Schmalz in den Ohren überkochen, der Magen krampft sich auf das Format einer Billard-Kugel zusammen und die Augen versinken tief in den Höhlen, wenn der F8 in einer Nichtigkeit von 2,9 Sekunden auf Tempo 100 stürmt und danach so mühelos weiterbeschleunigt, als stehe er über den Gesetzen der Physik. Ohne jede Zugkraftunterbrechung wechselt die siebenstufige Doppelkupplung die Gänge, der Motor klingt, als könne er ganz alleine alle italienischen Opern von Puccini bis Verdi bestreiten, und die Welt draußen vor den schmalen Fenstern wischt immer schneller vorbei, bis man nur noch grüne Schlieren sieht. Kein Wunder: Selbst bei 330 km/h geht dem F8 noch nicht die Puste aus.
Aber es ist nicht allein der schnelle Sprint auf der Geraden, mit der sich die Ausfahrt in diesem Ferrari in die Erinnerung brennt. Noch viel eindrucksvoller ist der schnelle Ritt durch enge Kurven: Egal ob Bilster Berg oder Emilia Romagna – im ewigen Spiel zwischen Anbremsen und Herausbeschleunigen merkt man erst so richtig, wie giftig und gierig der Turbo auf jeden Gasstoß reagiert und wie wenig Bedenkzeit er dafür braucht. Turboloch? Die Vokabel muss man für den Dialog mit den Ingenieuren schon mal nicht nachschlagen. Stattdessen braucht es viele andere Fachausdrücke, wenn man den Entwicklern folgen will. Denn was für andere nur ein Facelift ist, daraus machen sie bei Ferrari eine Wissenschaft, und die können sie natürlich wortreich erklären.
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Reif und aerodynamisch
Das liegt vor allem an der Aerodynamik, die die Italiener im Windkanal perfektioniert haben. Der F8 sieht nicht nur eleganter aus als sein Vorgänger, sondern duckt sich auch besser in den Wind und wird von dem vor allem fester auf die Fahrbahn gedrückt. Anders als viele Konkurrenten kommt Ferrari dabei ohne pubertäres Flügelwerk aus: „So sportlich unsere Autos auch sein sollen, wollen wir unsere Eleganz nicht preisgeben“, sagt Designer Flavio Manzoni und erteilt Spoilern und Schwellern deshalb eine kategorische Absage: Sieht man mal von unerlässlichen Details wie den Spiegeln und den ebenfalls im Windkanal geformten Türgriffen ab, wird bei Ferrari nichts an die Karosserie gepappt. „Wir nehmen lieber alles Überflüssige weg“, sagt der Designer über die flache Skulptur mit den eingezogenen Flanken, der tiefen Grube im flachen Bug und der Luftbrücke am Heck. Anstelle eines fetten Flügels haben die Italiener lieber eine Art Windkanal ins Blech geschnitten, durch den die Luft unter einem formschlüssigen Quersteg hindurch nach hinten strömt.
Dazu noch eine rasend schnelle Elektronik für die Stabilitätskontrolle und die Fahrwerksregelung – fertig ist der nahezu narrensichere Tiefflieger, den selbst Laien ganz lässig ans Limit treiben können. Wie man das den Ingenieuren sagen soll? Auch dafür muss man nicht lange im Wörterbuch blättern: Wer aus einem nach der Testfahrt ebenso erschöpften wie zufriedenen Gesicht noch ein bella, oder besser: schnella Macchina herausbringt, hat eigentlich alles gesagt. (SP-X)
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Christian Finke |
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