Einbauküche im Wind
Mercedes-Benz G-Klasse G500 (2018) im Fahrbericht
Es gibt Autos, die jeder einmal fahren sollte. Dazu gehört die Mercedes-Benz G-Klasse G500 von 2018 allemal.
Es gibt Autos, die wollte man schon immer mal fahren. Um zu wissen, wie sie wirklich sind. Für mich hat die Mercedes G-Klasse mit starkem Motor längst auf der persönlichen Bucketlist gestanden. Man fragt sich, was Menschen dazu bewegt, sechsstellige Summen für ein Auto auszugeben, das den Cw-Wert einer Einbauküche mit der Motorleistung eines Sportwagens verbindet. Welchen Sinn hat wohl ein solches Auto? Und wie fühlt es sich wirklich auf der Straße an? Schauen wir uns das aktuelle Modell, den Mercedes G500 Baujahr 2018, also mal genauer an, der uns für einen kurzen Test im winterlichen München nebst Umland freundlicherweise von der AIL Leasing München zur Verfügung gestellt wurde.
Mercedes G-Klasse: Eindeutig kein SUV
Als Erstes fällt etwas auf, das völlig unerwartet ist: Das Schließgeräusch der Tür. Von so einem teuren Auto erwartet man ein sattes Schließgeräusch, ein bassiges, schweres Ins-Schloss-Fallen der Tür. Doch stattdessen hört man ein eher dünnes, metallisches Klacken. Das kommt sicher nicht von ungefähr, denn bei Autos werden seit Jahren solche Geräusche ja nicht mehr dem Zufall überlassen, sondern designt. Die Sounddesigner des Türschließgeräuschs der Mercedes G-Klasse hatten offenbar den Auftrag, das Schließen so klingen zu lassen, wie beim urigen Vorgänger: metallisch, schlicht, rustikal. Der Vorgänger steht schließlich für Unverwüstlichkeit und dafür, dass er im Gelände überall hinkommt. Denn das „G“ in der G-Klasse steht ursprünglich tatsächlich nicht für „SUV“, sondern für „Gelände“. Und dort macht „der G“ seit jeher Sinn.
Mercedes Benz G-Klasse: Viel Tradition
Von außen setzt die Mercedes-Benz G-Klasse zunächst keine auffälligen Akzente. Alles ist so kantig wie immer, auf den ersten Blick ist der aktuelle G500 kaum von den seit 1979 gebauten Modellen zu unterscheiden, auch wenn im Ansatz ganz zart erkennbare Anrundungen das Design etwas auffrischen. Ein Anachronismus sind hingegen die außen angeschlagenen Türscharniere, die auf die lange Tradition dieses Autos verweisen. Das tun auch die Seitenleisten, die sich über die ganze Fahrzeuglänge erstrecken, genauso wie die auf den Motorhaubenkanten aufgesetzten Blinker. Die weit ausgestellten Kotflügel sollen Kraft und Robustheit symbolisieren, die jetzt größeren Rundscheinwerfer leuchten mit LED-Tagfahrlicht und bedeuten der Umwelt des G500, dass hier ein ganz Großer kommt.
Die Mercedes-Benz G-Klasse ist erträglich groß
Doch trotz einiger Vorurteile bezüglich der Größe und einer ausdrücklichen Vorwarnung bei der Fahrzeugübergabe, fährt sich die neue Mercedes-Benz G-Klasse eigentlich recht handlich, gerade auch in der engen Innenstadt. Die Außenmaße von 4,83 Metern Länge und 1,93 Metern Breite führen nicht zu akuten Schweißausbrüchen; solche Dimensionen ist man auch von typischen Limousinen noch gewöhnt. Die sich in den Fahrtwind reckenden Blinker auf den Motorhaubenkanten erweisen sich zudem beim Manövrieren als Zielkimmen, mit denen man Fahrradfahrern und Zweite-Reihe-Parkern sicher ausweicht. Die Einparkkameras vorne und hinten darf man indes getrost als unerlässlich bezeichnen.
Einzigartiges Fahrgefühl im Mercedes G500
Auch in puncto Fahrgefühl kann die G-Klasse überzeugen. Man hat sofort Vertrauen ins Auto und kommt auf Anhieb gut mit dem Fahrverhalten zurecht. Sammelt man dann aber ein paar mehr Kilometer, stellt man unweigerlich fest, dass das Fahrwerk doch nicht in jeder Fahrsituation über jeden Zweifel erhaben ist. Man hat ein wenig das Gefühl, dass es sich nicht ganz entscheiden kann, ob es sportlich-hart oder doch lieber schwammig-komfortabel sein möchte. Das merkt man insbesondere daran, dass selbst kleinere Fahrbahnunebenheiten zu relativ langem Nachschwingen und -Federn des ganzen Fahrzeugs führen. Das liegt auch an der Konstruktion des Fahrwerks. Hier mussten die Ingenieure einen Kompromiss eingehen, der die Geländegängigkeit bewahren und gleichzeitig für bessere Fahrbarkeit auf festem Untergrund sorgen sollte. So gibt es nun zum ersten Mal in einer G-Klasse Einzelradaufhängung – aber nur, die Puristen werden wenigstens teilweise aufatmen, an der Vorderachse. An der Hinterachse sind die beiden Räder immer noch über eine Starrachse miteinander verbunden. Diese Konstruktion führt in Kombination mit der neuen Zahnstangenlenkung dazu, dass das Lenkverhalten auf der Straße sich deutlich verbessert und vereinfacht hat, während die starre Hinterachse weiterhin dafür sorgt, dass man im Gelände hohe Verschränkungen zu Wege bringt.
Die Offroadeigenschaften der Mercedes-Benz G-Klasse 2018
Welche Maßstäbe gelten hier also? Man spürt definitiv, dass die genannten Anpassungen eine enorme Weiterentwicklung bedeuten und das Auto jetzt auch auf normalen Straßen eine recht achtbare Figur macht. Auch die Offroad-Eigenschaften haben sich im Vergleich zum Vorgänger noch einmal verbessert. Man hat aber auch den einen oder anderen Kompromiss einzugehen, um weiterhin mit der G-Klasse offroad glänzen zu können. Der Böschungs- und der Rampenwinkel wurden genauso verbessert, wie die maximale Wattiefe von jetzt 70 cm. 100% Steigung sind jetzt möglich und auch die Fahrstabilität bei Schräglagen wurde um 7° verbessert. Dazu trägt auch die breitere Karosserie bei, die andererseits dafür verantwortlich ist, dass man nicht mehr durch so enge Stellen hindurchpasst, wie noch mit dem Vorgänger. Kompromisse eben.
Der Einstieg in die neue Mercedes G-Klasse ist etwas schwierig
Wie kommt man eigentlich rein, in die neue Mercedes G-Klasse? Der Einstieg ist selbst mit über 1,80 Meter Körpergröße nicht ganz einfach, da es sehr hoch hinauf geht. Die Einstiegsleisten könnten durchaus weiter nach außen reichen, so hat man schon eine sehr hohe Stufe bis in die Fahrerkabine zu bewältigen. Auf der Beifahrerseite kann man den Haltegriff am Armaturenbrett nutzen, um sich ins Auto zu ziehen, der Fahrer muss hierzu das Lenkrad benutzen, was natürlich nicht optimal ist.
Mercedes G-Klasse: Die Sitzeinstellung hakt ein wenig
Ebenfalls nicht optimal sind die Sitze. Recht sicher ist es mit gewisser Eingewöhnungs- und Einarbeitungsphase möglich, für jede und jeden die richtige Sitzposition einzustellen, aber das Procedere ist trotz elektrischer Verstellung sehr mühsam und nicht ganz zufriedenstellend. Hier gelingt die Bedienung nicht intuitiv, sodass man den Sitz auf die Schnelle allenfalls mittelgut einstellen kann. Mit mehr Zeit und einem Blick ins Handbuch sollte man hier aber zufriedenstellendere Ergebnisse erzielen.
Das Infotainment der Mercedes G-Klasse
Die Bedienung des Navigationssystems fällt leider wenig intuitiv aus. Es dauert eine ganze Weile, bis man verstanden hat, in welchem Untermenü sich welche Funktion versteckt hat und bis man den Aufbau Displays nachvollziehen kann und die Einstellungen findet, nach denen man gesucht hat. Schade ist zudem, dass es in der G-Klasse anno 2018 keine Bedienung per Touchscreen gibt. So ist man auf den Touch-Bedienschalter mit haptischem Feedback angewiesen. Der wirkt allerdings ebenfalls recht hakelig. Und auch das haptische Feedback des „MBUX“ (Mercedes Benz User Experience) getauften Systems fühlt sich eher wackelig als vertrauenserweckend an. Hat man sich daran gewöhnt, wird man aber auch vom Navi der Mercedes G-Klasse zielsicher dirigiert.
Die Traktion des Mercedes G500 überzeugt auch offroad
Bei der kurzen Testfahrt gab es auch eine kleine Gelegenheit, die Offroadqualitäten anzutesten. Auf einem Feldweg wurde mit gedrückter Mittendifferentialtaste voll beschleunigt. Die Technik funktioniert perfekt. Die Traktion ist gefühlt genauso gut, wie zuvor auf Asphalt, die Mercedes G-Klasse schießt mit brachialer Kraft und ohne durchdrehende Räder nach vorne. So fühlt man sich fast wie ein Rallyefahrer. Wenngleich ein solcher die Möglichkeiten, die der Mercedes G500 im Gelände bietet, auch wirklich voll ausnutzen könnte. Bei unserem Test limitierte eher das fahrerische Können des Testers die Geländegängigkeit als die technischen Möglichkeiten, die in dem Auto stecken. Mangels Erfahrung beäugt man skeptisch die Schräglage, als man einen Hang entlang fährt. Die Mercedes G-Klasse vermittelt aber auch Anfängern im Gelände ein souveränes und verlässliches Gefühl. Kein Knarzen verunsichert den Fahrer, stattdessen beruhigt der Motor, indem er wissen lässt, er ist im Fall der Fälle zur Stelle sit. Beim Bergabfahren auf losem Untergrund leistet die Bergabfahrhilfe unschätzbare Dienste und nimmt ein wenig den Schrecken vor dem unkontrollierten rutschen. Fazit: Die "Gelände-Klasse" von Mercedes hat ihre Kernkompetenz auch weiterhin abseits befestigter Straßen im unwegsamen Gelände.
Der V8-Motor des Mercedes G500
Aber auch auf dem Asphalt kommt man in Versuchung, den schon butterweich-sahnig bollernden V8 und die 422 PS, die er mobilisiert, mal richtig von der Leine zu lassen. Und siehe da: Luftwiderstand ist dem Mercedes G500 ein absolutes Fremdwort. Die brachiale Kraft von 610 Nm schiebt den Zweieinhalbtonner absolut mühelos auf über 200 km/h, Gegner muss man hinter dem Steuer der G-Klasse nirgends fürchten. Auch wenn dieses Steuer genauso hoch angebracht ist wie in den Transportern, die man rechts liegen lässt. Das Gefühl zu haben, dass das Auto, das man fährt, Luftwiderstand als lächerliches Gerücht und nicht als physikalische Größe abtut, ist in der Tat ein äußerst faszinierend. Allerdings auch ein ziemlich kostspieliges. Während der Testverbrauch ohnehin bei etwa 15 Litern auf 100 Kilometern liegt (so ganz genau lässt sich das nicht sagen, da in der Anzeige der Wert grafisch als Balkendiagramm dargestellt wird, auf dem als Referenzzahlen nur 0, 10, 20 und 30 Liter abgezeichnet sind und dazwischen je vier Teilstriche die Anzeige feiner unterteilen), schießen bei 200 km/h sagenhafte 33 Liter durch die Brennräume. Ein Glück hat der Mercedes G500 einen 75-Liter-Tank verbaut, sonst müsste man wahrscheinlich öfter nachladen als ein Elektroauto.
Das Türschließgeräusch und der V8-Motor-Sound des Mercedes G500 im Video
Mercedes G-Klasse von 2018 bleibt die charmante Einbauküche
Für alle, die jetzt einwerfen, der Luftwiderstand sei doch im Vergleich zum Vorgänger verbessert worden: Der Luftwiderstand ist genauso groß wie bei der alten Mercedes G-Klasse. Denn zwar ist der Cw-Wert tatsächlich etwas besser geworden. Jedoch ist die Mercedes G-Klasse von 2018 auch größer und hat dadurch auch eine größere Stirnfläche. Cw-Wert mal Stirnfläche ergibt den Luftwiderstandswert, und der liegt genauso hoch wie beim Vorgängermodell. Die Einbauküche hat also ihren Platz im Automobilbau behalten dürfen. Faszinierend bleibt sie so oder so und ist jetzt nicht nur im Gelände, sondern auch auf befestigten Straßen ein angenehm und souverän zu fahrendes Auto.
Mercedes G-Klasse: Preis des Geländewagens
Immerhin 107.040,50 € beträgt der Preis der Mercedes G-Klasse als G500 mindestens. Dann kann man nochmal leicht Ausstattung im Gegenwert eines Kompaktwagens hinzukonfigurieren. Da kann es sich durchaus rechnen, den Wagen gebraucht zu kaufen - oder gebraucht zu leasen. Damit wird auch der Wertverlust zu einem kleineren Thema.
Fotos: Stephan Brandl
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Christian Finke |
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